Das Aqua Marina Steam 412 ist ein offenes Schlauchkajak mit einlegbarem Drop-Stitch Boden. Hierbei handelt es sich um die Neuauflage des Aqua Marina Steam 412 aus dem Jahr 2022. Im Vergleich zum Vorgänger hat sich nicht nur die Farbgebung sondern auch die Breite, Zuladungsgrenze, Spritzdecken und vieles weiteres geändert. Der Hersteller spricht sogar von verbesserten Laufeigenschaften.
Für ein 2-Personen Drop-Stitch Kajak im gehobenen Einstiegssegement hat es eine ordentliche Länge von über 4m, besitzt für beide Paddler eine Fußstütze und zwei große Finnen. Das sind alles Aspekte, die für gute Laufeigenschaften sprechen sollten. Neben den Laufeigenschaften sind auch Platzangebot und Sitzkomfort ausschlaggebend. In dem Test interessiert uns, ob das aufblasbare Kajak mehr als nur ein Einsteigerboot ist, also ob man damit auch im Sommer längere Touren paddeln kann und ob es bei Einsteigern mit höheren Ansprüchen Gefallen finden würde.

Produktdaten
Max. Personenanzahl:
Länge:
Breite:
Gewicht:
Packmaß:
Max. Beladung:
Material:
2
412 cm
90 cm
15,5 kg
88 x 59 x 30 cm
180 kg
PVC, Polyester
Produktionsland:
Luftdruck:
China
0,1 bar (Seiten)
0,3 bar (Boden)
Welches Modell wurde getestet?
Aqua Marina Steam 412 aus dem Jahr 2022
Wie ist der Test entstanden?
Das Aqua Marina Steam 412 wurde uns auf Leihbasis von Arts-Outdoors, einem Fachgeschäft und Online Shop für Outdoor Ausrüstung, zur Verfügung gestellt. Unser Testbericht ist unabhängig vom Hersteller oder Shop und spiegelt unsere eigene Meinung zum Boot wieder.
Wie intensiv wurde es getestet?
angetestet
2 Balken = mind. 1 Tages-/ 2 Halbtagestouren
3 Balken = mind. 4 Touren
4 Balken = mind. 8 Touren
5 Balken = mind. 12 Touren (sehr intensiv)
Wo wurde es getestet?
Wildwasser
Ruhige Flüsse
Seen
Inhaltsverzeichnis
Ersteindruck und Aufbau
Mit im Lieferumfang gibt es eine kompakte Lufpumpe mit integriertem Manometer, ein 10 Liter Trockensack, zwei große Richtungsfinnen, Reparaturmaterial, einen Wasserabweiser fürs Bug, ein Ventilschlüssel sowie einen soliden Transportrucksack.
Insgesamt wiegt das Kajak mit Zubehör 15,5 kg und lässt im mitgelieferten Transportrucksack gut transportieren. Der Rucksack besitzt gepolsterte Schulterriemen, einen einfachen Brust- und Hüftgurt sowie eine große Netztasche an der Seite für Paddel oder anderes Zubehör. Der sehr einfache Hüftgurt ist aus unserer Sicht überflüssig, da dieser nur ein schmaler Riemen ist und der Klickverschluss unangenehm drückt. Auch ohne Verwendung des Hüft- oder Brustgurts lässt sich das Kajak sehr angenehm im mitgelieferten Rucksack tragen. Die Seitennetztasche ist schön groß dimensioniert, sodass zwei Doppelpaddel ohne Quetschen Platz finden.
Notwendiges Zubehör: Du fängst mit dem Paddeln erst an und hast noch nicht das notwendige Zubehör? Folgendes Zubehör (welches nicht im Lieferumfang des Bootes enthalten ist) brauchst du für deine erste Tour auf dem Wasser und hat auf Basis unserer Erfahrungen ein top Preis-Leistungs-Verhältnis.
Wer das Kajak gut verpackt, bekommt mühelos die Luftpumpe und optional zwei Schwimmwesten in den Rucksack untergebracht. Der Rucksack könnte insgesamt vom Material etwas robuster sein. Nach der zweiten Tour war schon ein kleines Loch im Gewebe, was jedoch auf langer Sicht nicht ausbleibt. Das Vorgängermodell kam nur in einer einfachen Tragetasche, sodass alleine schon der passgenaue Transportrucksack ein richtig gutes Upgrade darstellt.

Für den Aufbau des Kajaks beginnen wir zuerst damit, den Drop-Stitch Boden ins Boot einzulegen. Der Drop-Stitch Boden ist recht schmal und besitzt zwei Aussparungen an beiden Seiten. Die Aussparungen sind eine gute Orientierung, ob der Drop-Stitch Boden im Boot richtig positioniert ist. Die Aussparungen sind dafür da, damit die Lenzöffnungen freiliegen. Auf See- und ruhigen Flusstouren bleiben die Lenzöffnungen jedoch geschlossen.



Was ist Drop-Stitch?
Bei der Drop-Stitch Technologie sind die obere und untere Innenwand der Luftkammer zusätzlich mit Textilfäden verworben. Erst dadurch ist ein deutlich höherer Luftdruck möglich, als bei Luftkammern ohne die verworbenen Fäden. Die Luftkammer erreicht somit eine sehr hohe Formstabilität und Steifigkeit. Die Drop-Stitch Technologie ist bei SUP Boards (Stand Paddling Boards) sehr verbreitet, und findet bei Schlauchkajaks immer mehr Verwendung. Erfahre mehr dazu in unserem Artikel Drop-Stitch Kajaks.
Uns fällt auf, dass an einigen Stellen der Drop-Stitch nicht sauber verklebt ist. Kleine unschöne Stellen, wo nicht sauber verklebt wurde, hat man bei China-Booten des Öfteren und sind funktional nicht kritisch. Dennoch sind diese Stellen bei unserem Testmodell deutlich mehr, als was wir kennen. Auch wenn es funktional keine Auswirkungen haben sollte, ist sowas für ein neues Produkt sehr schade. Am Ende sind es mehrere hundert Euros, die man ausgibt.


Nun können die Seitenkammern aufgepumpt werden. Die Ventile sind Sprungfederventile. Beim Aufpumpen muss der Stift rausstehen. Dann kann der Ventiladapter der Luftpumpe aufgeschraubt werden. Die Luftkammer ist schnell aufgepumpt, da sie nur 0,1 bar benötigt und im Vergleich zu anderen Schlauchbooten einen geringeren Durchmesser hat.
Nach dem Aufpumpen der beiden Seitenkammern folgt die Drop-Stich Luftkammer. Auch diese ist schnell aufgepumpt. Der Drop-Stich wird bis auf 0,3 bar aufgepumpt, was sehr wenig für eine Drop-Stitch Luftkammer ist.
Obwohl beim Aufpumpen (insbesondere beim Hochziehen des Kolbens der Luftpumpe) ein wenig Luft aus der Pumpe entweicht und die Doppelhubpumpe recht klein ist, ging das Aufpumpen sehr schnell und einfach.



Zugegeben ist der Luftdruck der Luftkammern für ein aufblasbares Kajak mit einlegbarem Drop-Stitch Boden geringer als der Durchschnitt. Das günstigere Itiwit x100+ verträgt sogar 0,2 bar in den Seitenkammern und 0,35 bar im Drop-Stitch Boden. Der geringere Luftdruck beim Aqua Marina Steam, insbesondere der Luftdruck in den Seitenkammern, macht einen spürbaren Unterschied auf die Formstabilität und Steifigkeit des Kajaks.Im Vergleich zum Drop-Stitch Boden weist der Rest des Bootsrumpfes mit seinen Seitenkammern eine sehr gute Verarbeitung auf.

Für einen zusätzlichen Schutz vor Wellen, die sonst von Vorne ins Boot schwappen würden, kann die vordere Spritzdecke mit einem Plastikteil als eine Art Wellen-/Wasserabweiser aufgespannt werden. Falls dann eine Welle aufs Bug kommt, läuft das Wasser nicht in den Innenraum sondern seitlich wieder ab.


Anschließend werden die Sitze ins Boot eingesetzt. Dafür werden die Sitzflächen mittels Klettverschluss am Boden fixiert. Die Rückenlehne wird mit vier Karabinern an D-Ringen an den Seitenwänden befestigt. Die D-Ringe machen einen hochwertigen Eindruck und sind doppelt verstärkt an der Seitenkammer angebracht. Der Vorteil der Karabiner ist, dass du bei der nächsten Tour nicht nochmal die Gurte einstellen musst.
Die oberen Riemen der Rückenlehne werden vor dem Sitz an den Seitenwänden und die unteren Riemen werden hinter dem Sitz an den Seitenwänden befestigt. So kann die Rückenlehne weder nach vorne noch nach hinten klappen. Über die oberen Riemen lässt sich außerdem die individuelle Position der Rückenlehne nachjustieren.
Die Fußstützen sind bereits im Innenraum montiert. Wir sitzen probe und uns (1,89 und 1,86m) fällt gleich auf, dass für uns der Abstand zwischen Sitz und Fußstütze auf beiden Plätzen deutlich zu gering ist. Beide Fußstützen haben zwei Positionen, wobei die Fußstützen bereits an den äußeren Laschen angebracht sind. Wir könnten also nur noch die Fußstützen näher an uns heranbringen, was uns nicht weiterhilft.



Also platzieren wir beide Sitze deutlich weiter nach hinten im Boot, um mehr Platz zu schaffen, denn hinter dem zweiten Sitz ist noch ausreichend Platz. Das Problem ist jedoch jetzt, dass die oberen Riemen der Rückenlehnen nicht lang genug sind. Wir haben nochmal die Bedienungsanleitung überprüft, ob wir die Sitze richtig eingebaut haben. Auch haben die Riemen beider Sitze die gleichen Länge, sodass auch diese nicht vertauscht worden sind. Würden wir die unteren Riemen der Rückenlehne (die tatsächlich etwas länger sind) vorne befestigen, würde die Rückenlehne kaum noch Halt geben.
Das ist an sich ärgerlich. Ein paar weitere Befestigungsschlaufen am Boden für die Fußstütze und längere Riemen an der Rückenlehne hätten das Problem gelöst. Vermutlich wurde das Kajak für Märkte konzipiert, wo die Menschen deutlich kleiner sind. Wir entscheiden uns also kurzerhand die Fußstützen nicht zu verwenden und bauen sie aus.
Hinten an der Rückenlehne der Sitze gibt es jeweils eine kleine Tasche sowie zwei Netztaschen in Form eines Getränkehalters, was sehr praktisch für eine gemütliche Tour im Sommer ist.

Danach montieren wir die beiden Finnen am Boden des Kajaks, die für einen besseren Geradeauslauf sorgen sollen. Montiere erst die Finnen am Boot, wenn du mit den Sitzen und Fußstützen fertig bist.

Auf dem Foto ist ersichtlich wie schmal der Drop-Stitch Boden ist. Außerdem ist erkennbar, dass das Kajak einen starken Kielsprung hat. Darüber hinaus sind sowohl am Bug und Heck mit Kunststoffkappen versehen, die das Kajak bei Kollisionen besser schützen sollen.

Wer Gepäck verstauen möchte, kann einen größeren Ruck- oder Packsack mit dem Gepäcknetz am Heck befestigen, ohne dass dieser im Innenraum Platz wegnimmt oder stört. Unser 45 Liter Ortlieb Atrack* hatte ohne Probleme auf dem Heck Platz gefunden. Darüber hinaus gibt es noch die Möglichkeit hinter dem hinteren Sitz einen Pack- oder Rucksack mittlerer Größe und vorne im Bug einen kleinen Packsack (z.B. den mitgelieferten 10 Liter Packsack) zu verstauen.


Des weiteren hat das Aqua Marina Steam 412 insgesamt 4 Tragegriffe, jeweils einen am Bug und Heck sowie mittig an den Seitenschläuchen. Das ermöglicht einem das Kajak sowohl alleine als auch zu zweit zu Wasser zu tragen.


Erfahrungen auf dem Wasser
Der Einstieg ist leicht und gestaltet sich aufgrund des festen Drop-Stitch Bodens, auch wenn es „nur“ 0,3 bar sind, als angenehm und trittsicher. Die zwei Finnen sorgen jedoch dafür, dass das Boot quer zum Ufer gestellt werden muss. Mit dem Bug zum Ufer funktioniert es weniger gut, da man sonst mit der vorderen Finne hängen bleiben würde. Auch beim Anlanden am Ufer solltest du im Hinterkopf haben, nicht mit dem Kajak direkt aufs Ufer zu fahren, da du sonst unschön aufsetzt. Stelle lieber das Kajak kurz vor dem Anlanden quer und steige dann aus. Alternativ könnte man die vordere Finne weglassen. Uns interessieren aber die Fahreigenschaften mit den zwei Finnen.

Unsere erste Tour mit dem Aqua Marina Steam findet an einem bewölkten und leicht verregneten Tag auf dem Walchensee statt. Nach kurzer Zeit sind wir von den Fahreigenschaften positiv überrascht. Obwohl das Kajak einen hohen Kielsprung hat, läuft es für ein Kajak dieser Preisklasse gut. Wir haben das Gefühl, dass wir gut voran kommen. Geschwindigkeiten zwischen 5,7 und 6,2 km/h sind bei einem normalen Paddelschlag kein Problem.
Außerdem gefällt uns der Geradeauslauf ziemlich gut. Das Kajak läuft deutlich besser geradeaus als erwartet. Wenn beide aufhören zu paddeln, driftet es nicht gleich ab. Es dauert eine Weile und driftet nur langsam ab. Hier machen sich die zwei großen Finnen bemerkbar. Trotz gutem Geradeauslauf ist auch die Wendigkeit auf dem See gut. Das Kajak lässt sich leicht und schnell manövrieren. In Sachen Fahreigenschaften bietet es mehr als ein Itiwit x100+ 2-Sitzer.

Für den hinteren Paddler fehlt beim Paddeln die Fußstütze nicht, da er sich an der Rückenlehne des vorderen Sitzes gut abstützen kann, ohne ihn zu stören. Dennoch könnte es mehr Beinfreiheit sein. Große Personen (ich saß mit 1,89 cm hinten und hatte den Sitz soweit wie möglich nach hinten positioniert) müssen ihre Beine zu stark anwinkeln. Außer die vordere Person ist kleiner, sodass der Vordersitz weiter nach Vorne positioniert werden kann.
Für den vorderen Paddler wäre auf einer längeren Tour eine Fußstütze durchaus ein nettes Feature, zumal man beim Kauf des Kajaks damit rechnet, eine Fußstütze nutzen zu können. Das funktioniert nur, wenn man kleiner ist. Wenn beide Paddler vielleicht nur 1,60 m sind, könnte es wohlmöglich funktionieren. Natürlich hängt es am Ende primär von der Sitzlänge und nicht von der Körpergröße ab. Falls euch das Nutzen einer Fußstütze wichtig ist, sitzt Zuhause probe, bevor ihr aufs Wasser geht. Für kleine gemütliche Paddeltouren (mit 2-3h Paddelanteil) kann man jedoch auf eine Fußstütze getrost verzichten, zumal die Fußstütze auch nur eine Art Stemmbügel ist.
Obwohl wir nur kleine Wellen auf dem See hatten, kam doch mal die eine oder andere Welle vorne seitlich ins Boot rein. Was auffällt ist, dass die Seitenwände recht niedrig sind. Wohlmöglich ist es ein möglicher Grund, warum die eine oder andere kleine Welle schneller in den Innenraum hineinschwappte. Zum Glück sammelt sich das Wasser im Boot unter dem Drop-Stitch Boden und in den Aussparungen, wo sich die Lenzöffnungen befinden. So hat man kein Wasser direkt im Boot stehen. Darüber hinaus sind die Sitzkissen dick genug, sodass man mit dem Gesäß nicht gleich im Nassen sitzen würde. Auch bleiben die Sitze an ihrer Stelle und rutschen nicht weg. Insgesamt bieten die Sitze einen guten Sitzkomfort, vor allem gibt die Rückenlehne einen guten Halt beim Paddeln.



Auf einer Flusstour auf der Pegnitz hat uns die Kippstabilität des Kajaks überzeugt. Es ist zwar nicht so kippstabil wie das Itiwit x100+, aber dennoch bietet es eine ausreichend hohe Kippstabilität, sodass sich auch Anfänger im Aqua Marina Steam wohlfühlen.
Aufgefallen ist uns besonders die geringe Steifigkeit des Kajaks. Wenn man sich auf den Seitenschläuchen abstützt, um sich richtig in den Sitz zu setzen, geben einerseits die Luftkammern ordentlich nach und andererseits drückt man das Boot etwas auseinander. Das kennt man nur von günstigeren Booten, aber nicht von Drop-Stitch Kajaks. Auch bei den Umtragungen hing das Kajak aufgrund des geringen Luftdruck durch. Das hat weitere Gründe: Zum einen nimmt der Luftdruck im kalten Wasser ab und zum anderen stand etwas Wasser im Boot, da einiges an Spritzwasser ins Boot kam. Bei einem Gumotex Boot mit ähnlichen Abmessungen (z.B. Gumotex Solar oder Gumotex Swing 2, beide mit 0,2 bar in den Seitenkammern und in der Bodenkammer) hatten wir nie die Problematik, dass bei einer Umtragung das Boot bis auf dem Boden durchhängt.
Schade ist, dass der schmale einlegbare Drop-Stitch Boden nicht mit dem eigentlichen Bootsrumpf befestigt ist (z.B. über zwei Riemen wie beim Itiwit x100+). So ist uns aufgefallen, dass bei einer Kenterung oder bei zu viel Wasser im Boot der Drop-Stitch Boden nach oben gedrückt und sich lösen kann.
Auf Flusstouren mit geringem Wasserstand, wo des öfteren unschöne Grundberührungen zu erwarten sind, sollte man die Finnen besser nicht anstecken. Sonst besteht die Gefahr, dass du mit dem Kajak öfters aufsetzt oder sogar hängen bleibst. Das ist auf der Pegnitztour mit dem Aqua Marina Steam passiert. Konsequenz ist, dass man aussteigen muss. Eine Finne ist beim Aqua Marina Steam sogar abgebrochen. Hier zeigt sich, dass die Finne aus einem zu unelastischem Kunststoff besteht.

Mittlerweile lassen sich viele 2- Personen Schlauchkajaks so umkonfigurieren, sodass du das Kajak auch alleine sehr gut paddeln kannst. Aqua Marina gibt diese Option nicht an. Zurecht! Denn es gibt keine separaten Befestigungspunkte für die Fußstütze und den Sitz für die 1-Personen Konfiguration. Dennoch war es möglich, die Rückenlehne so zu befestigen, sodass sie beim Paddeln ausreichend Halt gibt. Hier fehlt uns dann definitiv eine Fußstütze. Auch wird der Kielsprung höher, die Wasserlinie kürzer und die Laufeigenschaften nehmen spürbar ab. Das Kajak ist dafür nicht ausgelegt, dennoch kann man damit eine gemütliche Runde drehen. Wir persönlich würden damit jedoch nicht länger als eine halbe Stunde oder maximal eine Stunde in dieser Konfiguration paddeln wollen (außer man lässt sich mit wenigen Paddelschlägen auf einem Fluss runtertreiben).


Das Aqua Marina Steam hat unter anderem deswegen den hohen Kielsprung und die vielen Lenzöffnungen , um es im Wildwasser besser nutzen zu können. Das Kajak wird sogar für den Einsatz bis zu Wildwasserstufe 3 beworben, um eventuell eine höhere Wertigkeit zu suggerieren!? Das Kajak hat dafür auf jedenfall eine ausreichend hohe Kippstabilität (jedoch geringer als im Vergleich zum Itiwit x100+), persönlich würden wir mit dem Kajak dennoch keine Wildwasserstufe 3 paddeln. Für Wildwasserstufe 3 benötigt es Schenkelgurte und vernünftige Fußstütze, wo nicht die Fersen sondern die Fußballen aufgelegt werden können. Eine Selbstlenzer-Funktion durch die zahlreichen Lenzöffnungen ist aus unserer Sicht noch kein Argument das Kajak im WW3 sicher nutzen zu können. Darüber hinaus ist der schmale Drop-Stitch Bode nur im Boot eingelegt und nirgendswo befestigt. Bei einer Kenterung könnte sich dieser lösen. Zu guter Letzt sollte nicht vergessen werden, dass Wildwasser zur meisten Zeit eine sehr niedrige Wassertemperatur hat. Die Seitenkammern würden aufgrund der niedrigen Wassertemperatur noch weicher werden, sodass ein Nachpumpen notwendig ist.
Abbau des Bootes
Das Kajak ist genauso leicht und schnell abgebaut wie aufgebaut. Das Boot lässt sich einfach trocken wischen und wieder zusammenlegen. Es ging ohne Probleme alles wieder in den Transportrucksack rein.
Wasser, welches im Innenraum des Bootes steht, lässt sehr einfach über die Ablassöffnung im Heck oder Bug entleeren. Falls die Sitze nass sind, müssen diese an der Luft getrocknet werden.

Stärken und Schwächen
Am besten haben uns der einfache und schnelle Aufbau sowie die Laufeigenschaften gefallen. Die Laufeigenschaften sind nicht mit einem Itiwit x500, nortik scubi 1 XL oder Advanced Elements AdvancedFrame Convertible Elite verlgeichbar, dennoch sind sie für diese Preisklasse besser als erwartet.
Enttäuscht hat uns die Positionierung der Sitze und Fußstützen. Außerdem hätten wir für ein Kajak in dieser Preisklasse eine höhere Steifigkeit erwartet, denn die Seitenkammern lassen nur 0,1 bar zu.

Das hat uns gefallen
+ gute Fahreigenschaften (gute Geschwindigkeit, schöner Geradeauslauf in dieser Preisklasse, gute Wendigkeit) + trittsicher beim Einstieg aufgrund des einlegbaren Drop-Stitch Bodens + kompakte Luftpumpe mit integriertem Manometer inklusive
+ sehr schneller und einfacher Auf-/Abbau + gute Sitze + zahlreiche Tragegriffe und Gepäcknetz mit Kordel zum Festzurren von Gepäck + guter Transportrucksack inklusive + gut verarbeiteter Bootsrumpf + Bug und Heck zusätzlich geschützt
Das hat uns weniger gefallen
– Geringe Stetigkeit (u.a. wegen Seitenkammer nur bis 0,1 bar und schmalem Drop-Stitch Boden)
– Sitze nur begrenzt im Boot positionierbar (somit wenig Beinfreiheit für große Paddler)
– Trotz Spritzschutzblende geringer Spritwasserschutz wegen niedriger Seitenwände
– Fußstützen nur für kleine Personen nutzbar
– Drop-Stitch Boden teilweise unsauber verklebt
– Sitze müssen separat trocknen und können nicht einfach trocken gewischt werden – als 1-Personen Kajak wenig zu gebrauchen – Richtungsfinnen brechen leicht bei intensiven Grundberührungen – als Wildwasserkajak (bis Stufe 3 wie angegeben) aus unserer Sicht ungeeignet (keinen vernünftigen Halt über Fußstützen und Schenkelgurte, einlegbarer Drop-Stitch Boden ist nicht mit dem Bootsrumpf befestigt, …) – Verschlusskappen der Lenzöffnungen sind sehr leichtgängig und können bei Umtragungen schnell aufgehen

Fazit zum Boot
Mit dem hohen Kielsprung und den Lenzöffnungen sowie der längeren Bauform und den zwei großen Finnen wollte Aqua Marina mit dem Steam 412 einen richtigen Allrounder auf den Markt bringen, der sowohl fürs Wildwasser als auch für Seen und ruhige Flüsse genutzt werden kann. Die Fahreigenschaften des Kajaks haben uns für diese Preisklasse im ruhigen Gewässer überzeugt. Im Wildwasser würden wir das Kajak trotz Lenzmöglichkeit nur bis Widlwassertufe 1 verwenden. Ein Allrounder in Sachen Sitzkonfiguration (also als 1er Kajak umkonfigurierbar) ist es leider nicht, da hierfür die separaten Befestigungspunkte für Sitz und Fußstütze im Boote fehlen.
Was uns auch enttäuscht hat, ist die Positionierung der Sitze und Fußstützen in der 2-Personen Konfiguration, wofür das Kajak tatsächlich gedacht ist. Die Fußstützen lassen sich nicht weit genug nach vorne positionieren und die Riemen der Rückenlehne sind zu kurz, um die Sitze weit genug nach hinten zu platzieren. So bleibt die Nutzung der Fußstütze nur kleineren Personen vorbehalten. Das ist eigentlich schade, weil Platz für zwei große Erwachsene gäbe es genug im Schlauchkajak. Wer nur kleine gemütliche Touren unternehmen möchte, dem wird das Fehlen einer Fußstütze nicht stören. Wer hingegen ausgedehnte Tagestouren plant, sollte diesen Aspekt nicht vernachlässigen.
Außerdem hätten wir von einem Kajak mit einem einlegbarem Drop-Stitch Boden eine höhere Stetigkeit insgesamt erwartet. Die Seitenkammern sind mit 0,1 bar recht weich. Da macht sogar ein Kajak (z.B. Itiwit Touring) mit 0,1 bar und Polyesterhülle einen insgesamt formstabileren Eindruck. Der Bootskörper ist insgesamt sauber verarbeitet und verklebt. An einigen Stellen des Drop-Stitch Bodens konnten wir jedoch ein paar unsaubere Verklebungen feststellen.
Geeignetes Zubehör
Im Lieferumfang des Bootes ist folgendes Zubehör enthalten:
- Transportrucksack
- Reparaturmaterial
- Ventilschlüssel
- 2 Finnen
- 10 Liter Trockensack
- Doppelhubpumpe mit Manometer
Zusätzlich empfehlen wir folgendes Zubehör:
- Doppelpaddel: Itiwit Doppelpaddel 2-teilig* (sehr gutes Preis-Leistungs-Verhältnis, Drehwinkel und Länge zwischen 225 – 235 cm einstellbar, aufgrund der hohen Breite des Kajaks empfehlen wir das 230 cm lange Doppelpaddel statt das 215 cm lange Paddel). Alternativ empfehlen wir das ExtaSea Tour Vario 230-240 cm 4-teilig*, wer ein kompaktes also 4-teiliges Doppelpaddel sucht (noch bessere Haptik und besseres Handling als das Itiwit Paddel). Es gibt auch das Itiwit Doppelpaddel 4-teilig*, welches wir jedoch nicht empfehlen können (zu wackelig, schlechte Haptik, keine Tropfringe)
- Schwimmweste: Itiwit BA 50N+ * (gute Schwimmweste für Einsteiger, sehr gutes Preis-Leistungs-Verhältnis, mehr Details in unserem Testbericht)
Alternativen zum Boot
Itiwit x100+ 2-Sitzer
Deutlich günstiger und ein Kajak für gemütliche Touren ist der Itiwit x100+ 2-Sitzer. Es ist langsamer als das Aqua Marina Steam, ist dafür noch kippstabiler und formstabiler. Obwohl das Itiwit Kajak kürzer ist, bietet es aufgrund seiner Breite und flexibleren Sitzpositionierung mehr Platz im Innenraum. Darüber hinaus lässt sich das Kajak auch als 1er Kajak umkonfigurieren.
Itiwit x100+ 3-Sitzer
Das Itiwit x100+ gibt es auch als 3-Sitzer und hat die gleiche Länge wie das Aqua Marina Steam 412. Es lässt sich sogar mit 3 Personen paddeln und ist somit das ideale Freizeitboot für kleine Familien. Es kann auch sehr gut zu zweit gepaddelt werden und bietet deutlich mehr Platz im Innenraum als das Aqua Marina Steam 412. Aufgrund seiner Breite kann es jedoch mit den Fahreigenschaften des Aqua Marina Steam nicht mithalten.
Gumotex Solar
Wer keine Kompromisse in Sachen Laufeigenschaften, Sitzkonfiguration, Verarbeitung und Bootshaut eingehen möchte, sollte sich das Gumotex Solar genauer anschauen. Es kostet doppelt soviel wie das Aqua Marina Steam, bietet aber eine Verarbeitung und Bootshaut, die den Preis aus unserer Sicht definitiv rechtfertigt. Obwohl das Gumotex Solar keinen Drop-Stitch Boden besitzt, läuft es richtig gut auf dem Wasser. Das 2-Personen Schlauchkajak lässt sich sogar mit einem 3. optionalen Sitz ausstatten. Wer auch mal gerne alleine paddeln möchte, erhält mit dem Gumotex Solar ein sehr gutes 1er Kajak.